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Sunray das Geheimnis der Sternstadt Kapitel 14

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Kapitel 14

Als Sunray aufwachte lag Serenity neben ihm und er fragte sich, wo sie überhaupt waren. Sie waren die Kristallfälle hinabgestürzt. Daran konnte er sich noch erinnern. Aber jetzt lagen sie mitten im Nirgendwo. Kein Fluss, keine Berge, kein Wald, kein Gras, nichts außer einem weißblauen Himmel und trockenen, rissigen Erdboden, der sich bis zum Horizont erstreckte.
„Serenity“, sagte Sunray und legte ihr einen Huf auf die Schulter.
Stöhnend öffnete Serenity die Augen. „Wo sind wir? Autsch!“, sagte sie als sie versuchte aufzustehen und vor Schmerz zusammenzuckte. Sie zog ihr rechtes Hinterbein an. „Mein Bein“, sagte sie scharf.
„Gebrochen?“, fragte Sunray besorgt.
„Nein, nein ich glaube nicht“, sagte Serenity und versuchte vorsichtig mit dem Bein aufzutreten. „Aber es tut weh.“
„Kannst du laufen?“
„Ich muss“, sagte sie verbissen.
„Wo sind wir überhaupt?“, fragte Sunray.
„Keine Ahnung.“
„Und wie sind wir hierher gekommen?“
„Sunray ich... ich weiß es nicht.“ Serenity versuchte angestrengt ruhig zu bleiben, was auch Sunray bemerkte. Es war wohl nicht der richtige Zeitpunkt um solche Fragen zu stellen.
„Wenigstens sind wir diesen Grauen Hengst fürs Erste los geworden“, meinte Sunray, während sie sich allmählich in Bewegung setzten.
„Ja. Ja, das sind wir“, erwiderte Serenity.


Die Strafe der Lady Mysteria war hart.
Ihr sonst so sanfter Tonfall war scharf und ihre makellose Schönheit wurde durch Wut entstellt.
„Das ist nicht akzeptabel“, sagte sie, während Dovario, der Graue Hengst sich vor ihr auf dem Boden wand. „Ich habe dich ausgeschickt, mir den Sterndiamanten zu bringen und du kommst mit nichts weiter als Ausflüchten zurück.“
Sie hatte ihn beschworen, sie hatte die Macht über ihn. Sie konnte mit ihm machen, was immer sie wollte.
„Verzeiht mir“, keuchte der Graue Hengst. „Ich habe nicht erwartet, dass der Pegasus...“
„Hör auf! Was interessiert mich Serenity's Begleitung? Ich habe dich beschworen, in der Annahme in dir einen mächtigen Verbündeten zu haben, dabei bist du nicht viel nützlicher als deine beiden dämonischen Ponys.“
Dovario knirschte mit den Zähnen. Dafür ließ sie ihn noch mehr leiden. „Ich erlaube keinen Ungehorsam und keine Fehler. Vergiss eines nicht, Dovario: Ich habe dich beschworen. Ich bin deine Herrin. Du hast mir zu gehorchen. Niemand widersetzt sich mir. Und solltest du es doch wagen, weißt du, was mit dir geschehen wird.“
Dovario senkte den Kopf. Er konnte nicht anders „Ich gehorche Euch.“
Lady Mysteria hörte auf, ihn zu quälen. „Gut“, sagte sie kühl. „Ich will in die Sternstadt und dazu brauche ich den Sterndiamanten! Wirst du den beiden nun in das Land das nicht ist folgen?“
„Selbst wenn ich das Land das nicht ist betrete, werde ich die beiden dort nicht finden können. Dieses Land hat seine eigenen Gesetze, die selbst ich nicht brechen kann.“
Lady Mysteria runzelte die Stirn. „Willst du damit sagen, dass der Sterndiamant verloren ist?“
„Nein“, antwortete Dovario bestimmt. „Der Baumvater hat ihnen genug vertraut, um sie auf direkten Weg dorthin zu schicken. Sie werden das Land das nicht ist durchqueren. Dessen bin auch ich mir nun sicher.“
Das schien die Lady ein wenig zu besänftigen. „Woher rührt dein plötzliches Vertrauen zu den beiden?“, fragte sie leicht spöttisch.
Der Pegasus, dachte der Graue Hengst. „Es ist wahr, allein würden sie es wohl kaum schaffen. Aber der Baumvater war kein Narr und ich habe gesehen, wozu die beiden im Stande sind, wenn sie füreinander einstehen.“
„Na schön“, sagte Lady Mysteria. „Sagen wir, die beiden schaffen es durch das Land das nicht ist. Wie gelangen wir dann in den Besitz des Sterndiamanten?“
„Lasst die kleine Prinzessin Euch den Stein persönlich bringen.“
Lady Mysteria lacht auf. „Pah, Dovario. Sie würde ihn mir niemals freiwillig aushändigen.“
„Dafür bedarf es nur ein wenig Überredung.“
„Überredung?“
„Ihr scheint viel an dem kleinen Pegasus zu liegen“, meinte Dovario mit einem viel sagenden und verschlagenem Lächeln.

Sie gingen jetzt schon seit Stunden. Wegen Serenitys verletztem Bein kamen sie nur langsam voran. Aber das machte auch fast keinen Unterschied, denn es sah auch gar nicht danach aus, als ob sie weiter kommen würden. Alles sah immer gleich aus. Und in der Ferne änderte sich auch nichts. Es schien, als würden sie die ganze Zeit nur auf der Stelle treten.
Während sie nebeneinander her gingen, erzählte Serenity Sunray was sie von Dovario wusste: „Er ist kein Pony. Er ist ein Geist, der durch dunkle Magie beschworen wird. Du hast schon ein Bild von ihm gesehen.“
Sunray überlegte. „Du meinst den Wandteppich im Museum, mit dem Königspaar aus Surbonien?“
Damals hatte allein die Darstellung des bösen Geistes ausgereicht, um ihn erschauern zu lassen.
„Genau. Ein gieriger König aus einem fernen Land hat ihn gerufen, um mit seiner Hilfe Surbonien einzunehmen. Über die Jahrhunderte hinweg wurde er immer wieder beschworen und hat viele Namen erhalten. Der Stadteinnehmer, der Schrecken von Kreuzstadt oder der Armeenschlächter und noch eine ganze Reihe mehr. Er ist gefährlich.“
„Ja, das hab ich auch mitbekommen.“
Sie schwiegen und versanken in düsteren Gedanken.
Serenity machte die Sache mit dem Grauen Hengst große Sorgen. Dass Lady Mysteria sich so einen Diener gerufen hatte machte ihr Angst. Noch immer sah sie sich selbst tot daliegen, wenn sie an Dovario dachte.
„Das ist echt eine merkwürdige Gegend“, sagte Sunray mehr zu sich selbst. „Hier ist irgendwie... gar nichts.“
Serenity blickte auf. „Was hast du gesagt?“
„Das hier nichts ist.“
Serenitys Gesicht verlor die Fassung. „Oh nein“, sagte sie.
„Was ist denn?“, fragte Sunray, während Serenity die magische Karte auf dem Boden entrollte. „Das darf doch nicht wahr sein!“
Sunray warf einen Blich auf die Karte und sah, dass von Ecke zu Ecke ein einziges großes, leeres Viereck auf dem Papier prangte, dass mit dem Namen Das Land das nicht ist gekennzeichnet war.
„Was soll das denn heißen? Land das nicht ist?“
„Eben das was es sagt“, meinte Serenity unwirsch und steckte die Karte wieder ein. „Es ist ein Land das es eigentlich gar nicht gibt und in dem es nichts gibt.“
Und sie erklärte ihm, was es mit dem Land das nicht ist auf sich hatte.
Von den vielen Geheimnissen die es auf der Welt gibt, gehörte das Land das nicht ist zu den mysteriösesten.
Es war wanderndes Land. Es war mal hier, mal da, deswegen hatte es keine richtigen Grenzen. Es konnte passieren, dass man in es hineintrat und einfach mitten drin stand. Einfach so. Nur die sehr alten und mächtigen Wesen konnten spüren, wo es sich gerade befand.
Es gab einige wenige, die das Land das nicht ist betreten und wieder verlassen hatten. Sie waren in es hineingetreten und mit dem nächsten Schritt glücklicherweise sofort wieder hinaus. Das war bei allen möglichen Vorhaben geschehen, beim Spaziergang, beim Wettlauf oder bei dem Gang zum Ofen. Diese wenigen erzählten alle das Gleiche: In diesem Land war einfach gar nichts. Deswegen wurde es vorerst noch das Land in dem es nichts gibt genannt. Wirklich keine Meisterleistung an Originalität.
Einige große Köpfe machten sich daran, dieses Land zu untersuchen, aber keiner der es vorhatte, hatte es je gefunden. Es gab viele Theorien und Spekulationen: Das Land sei eine andere Dimension, ein Spalt zwischen zwei Dimensionen, eine abgespaltete Dimension (die Dimensionstheorien gehörten zu den beliebtesten Theorien). Andere hielten es für den Ort einer legendären Götterversammlung, wo die Götter aus den Mythen sich versammelt hatten, um sich zu beraten. Dann gab es noch wirklich abstruse Ideen: Das Land würde von kleinen Männchen die unter der Erde leben getragen, so lange bis sie einen Ort fanden wo sie es ablegen konnten. Schließlich wurde aus dem Land in dem es nichts gibt, das Land das nicht ist, weil es keiner mehr gefunden hatte und so als absoluter Mummpitz abgestempelt wurde.
Doch es war kein Unsinn, das musste Serenity, die selbst nicht von der Existenz des Landes überzeugt war, nun  feststellen.
„Klingt als wären wir in einem ziemlich großen Schlamassel“, meinte Sunray.
„Sag mal, verstehst du das überhaupt nicht?“, fuhr Serenity auf den Tränen nah. „Wir sind gefangen in einem riesigen, großen Nichts! Wir beide sind praktisch Nichts! Wir werden hier niemals rauskommen! Wir werden bis in alle Ewigkeit hier festsitzen! Alles was wir getan haben, war umsonst. Der Baumvater ist tot, sein Wald ist tot und... und genau so tot werden wir bald sein. Wir werden hier sterben, Sunray!“
„Hey- jetzt beruhige dich erst mal wieder“, sagte Sunray vorsichtig. Der Tod des Baumvaters musste sie unglaublich schwer getroffen haben.
„Wie soll ich mich beruhigen?“, fauchte sie und humpelte energisch voraus. „Wenn ich doch weiß, was uns erwartet. Der Baumvater ist einen sinnlosen Tod gestorben und hier wird niemand kommen um uns zu helfen. Niemand wird kommen, um uns hier heraus zu holen. Wir beide sind ein Teil von diesem Land und das bedeutet, wir sind nichts. Es ist hoffnungslos.“ Sie sank zu Boden und drückte ihr Gesicht gegen die Erde.
Langsam, von den Hufen an, wurde sie immer durchsichtiger.
„Serenity, was passiert da mit dir?“
Aber Serenity schien ihn gar nicht mehr zu hören. Ihre Augen waren stumpf auf die Leere vor ihr gerichtet. „Wir sind Nichts“, murmelte sie. „Wir existieren schon gar nicht mehr richtig.“ Sie wurde immer blasser, immer durchsichtiger, als würde sie sich allmählich auflösen. Als würde sie zu nichts werden.
„Hey, Serenity! Hör auf so was zu denken! Du darfst nicht aufgeben“, sagte Sunray und schüttelte sie. Wenn sie so weitermachte würde sie sich noch ganz auflösen. Trotzdem blickte Serenity einfach an ihm vorbei. Aus lauter Angst hob Sunray den Huf und schlug ihr ins Gesicht (bei ihm hatte es ja schließlich auch funktioniert) und drückte sie fest an sich. „Fühlst du nicht, dass wir beide leben? Dieses Land ist nicht, aber wir sind in diesem Land und wir sind. Wir leben, wir existieren. Erst wenn wir aufgeben werden wir zu nichts.“
Serenity fühlte, wie Sunrays Herz schlug, fühlte ihn an sich, warm wie ein Sonnenstrahl und es brachte sie ein wenig mehr zurück ins sein.
„Wie sollen wir denn hier rauskommen?“, fragte sie.
Er zog einen Samenkorn aus Serenitys Haaren. Es war einer der Samen aus den Früchten des Baumvaters, der einzige der die turbulente Flussjagd ungewöhnlicherweise überstanden hatte.  Sunray scharrte ein Loch in den Boden, legte den Kern hinein und bedeckte ihn mit Erde. „Nur weil etwas noch nicht ist, heißt das nicht, dass hier nie etwas sein wird. Es braucht nur etwas Zeit.“
„Wenn wir genauso lange brauchen hier raus zu kommen, wie eine Pflanze zum wachsen braucht, wird das ewig dauern.“
„Wenn wir nicht weitergehen auf jeden Fall.“
„Ich kann nicht mehr laufen.“
Sunray schob seinen Kopf unter ihren Bauch und ließ sie auf seinen Rücken gleiten.
„Dann trag ich dich eben“, erwiderte er trotzig.
„Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du ein Heukopf bist?“
„Ja, du. Und das schon mehr als einmal.“
„Und ein schlechter Philosoph.“
„Na, so hat man mich mit Sicherheit noch nie genannt.“
„Und du schlägst wie ein Mädchen.“
„Na, vielen Dank auch.“
Plötzlich merkte Sunray, wie Serenity ihr Gesicht tief in seine Mähne drückte.
Ganz leise, mit Tränen in der Stimme hörte er sie sagen: „Danke.“
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